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Höfische Kultur hautnah – 17. Mai 2023
Was von den Welfen übrig blieb

Die kulturelle und regionale Identität der Stadt und des Braunschweiger Landes zu bewahren und zu stärken ist eines der Anliegen der Richard Borek Stiftung, die darin auch ihre gesellschaftliche Verantwortung sieht. Zu den kulturellen Fixpunkten gehört neben der Industriegeschichte auch das höfische Leben. Das wurde und wird nicht von allen einflussreichen Kreisen so gesehen. Von Seiten der Stadt war man eher auf die Industriegeschichte fixiert, das höfische Leben blieb außen vor, so Schlossexperte Dr. Bernd Wedemeyer. Man denke nur an die Kontroversen um den Schlossabriss und Aufbau.

Mitten ins Herz, in die Privaträume der Stiftung, waren an einem wunderschönen Frühlingstag dreißig Museumsfreunde gekommen und wurden freundlichst willkommen geheißen. Sie erlebten eine unglaubliche Sammlung hautnah, charmant und sehr persönlich amüsant präsentiert von Erika Borek und Dr. Bernd Wedemeyer. Nach einem Spaziergang durch den Park bei dem kurz die Anfänge der Familiengeschichte erläutert wurden – jeder denkt hierbei an Briefmarken es bestand aber auch eine Gärtnerei – und die Anfänge (1981) der Stiftung und ihr Anliegen ging es in die Sammlungsräume.

Braunschweig und die Welfen – nicht unbedingt eine Liebesgeschichte

Hintergrund für die Sammlung ist die Einrichtung der Ausstellungsräume im Schlossmuseum in denen die Sammlung der Stiftung dem Ziel dient, die kulturelle Bedeutung Braunschweigs in der Hofkultur von 1830 – 1918 sichtbar zu machen und zu dokumentieren. Die Geschichte der Residenz soll so gezeigt werden und das Leben der Hof-Stadt in Erinnerung gebracht, denn auch dies ist Braunschweig und lässt sich nicht negieren.

Schier unglaublich die Anzahl der Stobwasserdosen. Zauberhafte Lackkunst, die erstaunliche Materialien wie Gold und Holz imitiert. Neben lebensechten vor allem Frauenportraits finden sich darauf auch Helden und Geistesgrößen ja sogar der Tagespolitik wurde Rechnung getragen. Und im Inneren birgt manche Dose auch frivole Anzüglichkeiten.

Gemälde aus der großen Welfenaktion 2005 bei der Schloss Marienburg sozusagen „entrümpelt“ wurde – das Geld daraus wurde nur teilweise in das marode Gebäude gesteckt, ein Großteil wurde wohl verspekuliert, fanden ebenso den Weg in die Sammlung und sind auch deswegen von Bedeutung, weil sie Ungewohntes darstellen: so die kleine Victoria wie vom Spielen kurz vor die Linse des Fotografen gerufen, nein natürlich nicht, sondern vor den Pinsel der Malerin Sophie Konert (1882 – 1947), die neben steifen höfischen Persönlichkeiten auch entzückende Kinderportraits gestaltete. Das Bild wurde wie in einer PR-Aktion im Land herumgeschickt als Werbung für das Fürstenhaus, wusste Wedemeyer zu berichten.

Beim Ausverkauf zahlreiches Kulturgut gerettet

Siebenhundert Teile umfasst das sogenannte Cumberland-Service von dem wir einiges sehen konnten, der Rest schlummert in einem Schrank, in den wir einen Blick werfen durften – hatte des Herzogpaar zu der Hochzeit vom Landtag Hannover erhalten und wohl nie benutzt. Es gibt Huldigungskannen und Geschenke zu bestaunen und zum Teil auch persönliche Dinge aus dem Nachlass der letzten Herzogin Victoria Luise. Alles liebevoll wenn auch gedrängt präsentiert aber immer wieder im Austausch an das Schlossmuseum und auch andere Museen geliehen.

Viel Kulturerlebnis wäre für immer verloren gegangen und verramscht worden – man denke nur an den Welfenschatz, den es jetzt in Cleveland zu bewundern gilt – wäre die Richard Borek Stiftung bei dem „Ausverkauf der Marienburg“ nicht zugegen gewesen (die besonders wertvollen Stücke waren schon vorab an Unbekannte gegangen), resümierte Dr. Wedemeyer. Und attestierte fehlende Pietät. Was er und Frau Borek über die Präsentation bei der Sotheby Versteigerung zu berichten wussten, war unglaublich.

Die Museumsfreunde waren begeistert und konnten sich kaum satt sehen, bewunderten eine unglaubliche Vielfalt. Wer mochte, konnte also ganz tief eintauchen in höfische Geschichte, für alle anderen war es ein grandioser Streifzug durch Kunst und Leben vorangegangener Jahrhunderte. Abschließend gab es bei Cremant und edlem Knabberzeug noch angeregte Gespräche.

Eva-Maria Dennhardt